StartLogo

Brauereien in Landsberg

                    Sie sind hier: Stadt>Brauereien

Über 40 Brauereien im 18. Jahundert

Vom uralten Gewerbe der Brauer Eines der ältesten und bekanntesten Gewerbe ist wohl das Brauereigewerbe. Wenn man alten Schriften der Überlieferung und Funden glauben kann, so haben schon die Sumerer, die Babylonier und die Ägypter lange vor unseren germanischen Vorfahren aus Emmer, Gerste oder sonstigem Getreide mit Hilfe der Gärung ein erfrischendes Getränk hergestellt. Dieses Getränk verdient den Namen Bier, weil die damaligen Rohstoffe und deren Verarbeitung ein Getränk ergeben haben, das auch berauschend gewirkt haben soll. Mit Bestimmtheit darf angenommen werden, dass schon vor 4000 bis 5000Jahren im Orient Bier gewerblich hergestellt worden ist. Wie damals ist das Bier ein Volksgetränk geblieben. Es wurde, besonders in den ländlichen Gegenden, in kleinen Mengen in den bäuerlichen Haushalten aus zerkleinertem Getreide mit Wasser gekocht und vergoren. Um eine bessere Ausbeute zu haben, hat man das Getreide eingeweicht und einige Tage stehenlassen, bevor es zerquetscht wurde. Mit Gründung der Klöster bekam die Herstellung von Bier noch mehr Bedeutung, da diese selbst für ihre Ordensbrüder das allgemein geschätzte Gebräu in größeren Mengen herstellten. Ein Handel war den „Hausbrauern“ von den jeweiligen Obrigkeiten streng verboten. Doch erteilten diese Obrigkeiten, meist die Klöster, einigen Krügern die Erlaubnis zur Herstellung von Bier, um es auch an Fremde abzugeben. So hatte fast jeder Ort mit größerer Einwohnerzahl einen sogenannten Braukrug. Diese Krüge konnte man dann schon als Brauereien ansprechen. Es ist bekannt, dass der Krug in Bayersdorf 1719 einen Ausstoß von 125 Tonnen Bier und der Krug in Massin 1718 einen solchen von 50 Tonnen hatte.Sicher ist die Brauerei in Dühringshof, die bis 1945 bestand, auch aus einem mit Braugerechtsame versehenen Krug hervorgegangen. Auf den Dörfern und Kolonien der Stadt Landsberg bestanden 1785 noch 43 solcher Braukrüge. Für die übrigen Bewohner des platten Landes galt der sogenannte Getränkezwang, der die Bauern in der Umgebung der Stadt bei Strafe verpflichtete, ihr Bier ausschließlich von den landsberger Brauhäusern zu beziehen. In der Stadt Landsberg ist die Vergabe von Braurechten mit Sicherheit auf die Zeit der Stadtgründung zurückzuführen. Viele Bürger erhielten das Recht, Bier für den eigenen Bedarf und zum Ausschank herzustellen. Dieses Recht wurde nun neben den Hauptberufen dieser bevorzugten

Verschluss
Einwohner gleichzeitig ausgeübt. Im Laufe der Jahre haben viele die Herstellung von Bier eingestellt und andere wieder haben das Recht als zusätzliche Erwerbsquelle genützt und gefördert. Auch die Stadt und ihre Herren verdienten an dem Brau-Fleiß ihrer Bürger. Schon 1488 wird die Biersteuer erwähnt, und zwar 12 Pfennige je Tonne Bier, von der die Stadt 4 Pfennige erhielt. 1511 erhielt die Stadt Landsberg eine das Brauwesen betreffende Städteverordnung, wonach es „unsers gnädigsten und gnädigen Herrn Kurfürsten von Brandenburg ernstlicher Befehl und ganze Meinung ist,“ dass „der Rath fleißig Aufsicht führe über die, welche in der Stadt Bier und Wein schenken, damit zum gemeinen Nutz der Arme wie der Reiche für sein Geld gleich bedient werde.“ Aus dem Jahre 1562 wird erzählt, dass dem Bürgermeister Hans Herrendorf zu Landsberg das ganze Bier aus unbekannter Ursache verdarb. Schließlich tauchte das Gerücht auf, dass das Bier verhext worden sei. Die schuldige „Hexe“ wurde in dem Weibe des Fernemüllers ermittelt. Der Vorfall fand durch einen kraft mittelalterlicher Justiz angestrengten Hexenprozess ein grausames Ende. Nach und nach entwickelten sich die Bierbrauerei und Branntweinbrennerei in der Stadt zu einem der wichtigsten Gewerbezweige. Im Januar 1709 zählte die Stadt Landsberg bei einer Zahl von 4 040 Einwohnern mit 364 Hausbesitzern und 38 Bu- denhäuserbesitzem rund 94 Brauhäuser, „deren Besitzer nebst den Kaufleuten und Ackerbürgern Großbürger“ hießen. Mit der Braugerechtigkeit hing auch die Kruggerechtigkeit zusammen. Sämtliche Ratsdörfer waren verpflichtet, das benötigte Bier nur aus der Stadt zu entnehmen und nur Landsberger Bier zu verschenken. Landsberg hatte allein das Recht, „Krüge zu verlegen". 1785 waren noch 92 Braupfannen in Betrieb. Man unterschied bei den Bierbrauern sogenannte Brau-Eigen, d. h. Brauer, die eigene Braupfannen besaßen, und Miets-Brauer, die sich die Pfannen leihen mussten. Viele von ihnen hatten auch das Recht, Branntwein herzustellen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass zu dieser Zeit in der Stadt 131 Branntweinblasen (Destillationsgefäße) tätig waren. Aus dieser Zeit haben sich nur wenige Braustätten und Branntweinhersteller behaupten können, die wohl den Grundstock der Landsberger Brauereien bildeten. Vor dem Ersten Weltkrieg waren noch die Brauereien Dahlenburg, Dietl, Ehrenberg, Gebr. Groß, Hoffmann und Kohlstock als Hersteller unter- und obergäriger Biere tätig.
Vietz
Brauerei Vietz heute
In einer Urkunde von 1719 wird der Braueigner und Klempner Johann Michael Kaßmann genannt. Er besaß ein Grundstück am Markt, in dem sich ein Bier- und Branntweinherstellungsbetrieb und Ausschank befand. Vier Generationen lang war jeweils ein Sohn der Familie Kaßmann Klempner und Braueigner. Zielbewusst arbeiteten sie darauf hin, ihr Unternehmen vor allen anderen Braueignem Landsbergs zum führenden Brauhause zu machen. 1818 stand ein Kaßmann mit einem Verbrauch von 1 274 Scheffeln Gerste an erster Stelle. 1849 heiratete der Brennereiverwalter Louis Borislaus Kohlstock die Tochter Karoline Wilhelmine aus der Familie Kaßmann. Louis pachtete den Betrieb als Schwiegersohn und konnte ihn 1854 schon als sein Eigentum erwerben. Unter dem jungen Fachmann (geb. 1820) erweiterte sich das Unternehmen erfolgreich. Das Grundstück beherbergte noch immer Mälzerei, Destillation und Ausschank. Als um 1880 die Biere mit untergäriger Hefe vergoren wurden und nicht mehr obergärig, verlangte dies längere und kühlere Lagerungsmöglichkeiten. Da die vorhandenen Kellereien hierfür nicht ausreichten, wurden am Berghang in der Heinersdorfer Straße entsprechende Kellereien errichtet, um das Gebräu bis zur besten Genußreife zu lagern. 1906 wurden auch das Sudhaus und die sonstigen Einrichtungen nach der Heinersdorfer Straße verlegt und in neuen Gebäuden untergebracht. Nur die Geschäftsräume, die Mälzerei und die Destillation blieben im Ausschankgebäude. Nun waren der Erweiterung des Betriebes keine Schranken mehr gesetzt. Obwohl die Kriegsjahre 1914/18 allen Gewerbebetrieben so manche Sorgen verursachten, hat das uralte Unternehmen diese Zeit auch überstanden, ja, es konnte sogar erweitert werden. Nach dem Kriege, 1919, kaufte die Fa. Kohlstock die Brauerei Hoffmann in Landsberg und nach und nach die Brauereien in Schwerin, Meseritz, und Lippehne. Dadurch wurden
Deckel
neue Absatzgebiete erschlossen. Außerdem wurden in der näheren und weiteren Umgebung bis nach Pommern und in der Grenzmark etwa 30 Niederlagen eingerichtet, welche das Bier mit dem Namen Kohlstock und auch die Erzeugnisse der Likörfabrikation mit Erfolg absetzten. Die Brauerei Kohlstock mit Likörfabrik und Weingroßhandlung wurde nun der größte und bekannteste Betrieb dieser Branche in der Neumark und der weiteren Umgebung. Bernd Wangerin, seit 1911 Prokurist, wurde 1919 Mitinhaber der Firma. Im Jahre 1924 beging man festlich das 75jährige Bestehen der Firma Louis Kohlstock. Es wurden vier Biersorten produziert, deren Namen den Anfangsbuchstaben des Firmennamens wiederholten: Kronen-Bier, Kristall-Bier, Kabinett-Bier und Karamel-Bier. Die Brauerei Louis Kohlstock behielt ihre Bedeutung und ihren Ruf bis zum Zusammenbruch. 1945 wurde sie von der Besatzungsmacht bis auf die letzte Schraube demontiert. Die Brauerei Gebrüder Groß Am 1. März 1834 pachtete der Gastwirt Gustav Friedrich Groß aus Freienwalde von den Erben der Familie Matthes den Betrieb, in dem seit langen Jahren Bier und Spirituosen hergestellt wurden und zu dem ein Ausschank gehörte. Mit seinem Bruder Carl Eduard gründete er die Fa. Gebr. Groß. Schon 1835 kauften beide das Grundstück, welches damals als Wollstraße 223 bezeichnet wurde. Auch diese Brauerei hat einen sehr frühen Ursprung, denn die Vorfahren des Braueigners August Ludwig Matthes hatten die Herstellungsrechte seit vielen Generationen ausgenutzt. Auf Grund guter Facherfahrung konnten die neuen Inhaber das Geschäft weiter entwickeln und ausbauen. Aus dem kleinen Unternehmen entstand ein Betrieb, der sich nicht nur in der Stadt Landsberg, sondern in der weiteren Umgebung durch seine vorzüglichen Erzeugnisse einen Namen erworben hat. In der Nacht zum 11. Februar 1841 vernichtete ein Großfeuer einen großen Teil der Anlagen. Die Bekämpfung der Flammen wurde durch das Einfrieren der Spritzen der Feuerwehr bei der starken Kälte arg gehindert. Große Mengen Spirituosen liefen brennend von der Wollstraße durch die Priester- und Wasserstraße auf das Eis der Warthe. 1877 wurde eine Erweiterung des Betriebes notwendig. Am Schießgraben kaufte die Firma ein Grundstück, um darauf Eis- und Bierkellereien zu bauen. Auch die Gebäude zur Malzherstellung entstanden dort. Neben Spirituosen aller Art wurden nun ober- und untergärige helle und dunkle Voll- und Starkbiere gesotten, die in der Stadt und ihrer Umgebung ihre Käufer fanden. Daneben stellten die Gebrüder Groß alkoholfreie Limonaden und Fruchtsäfte aller Art her und vertrieben sie. Während des Krieges 1914/18 wurden der Brauerei Groß die Braukontingente der Brauereien Dietl, Dahlenburg, Ehrenberg und Hoffmann übertragen. Nun waren Gebr. Groß und Kohlstock die einzigen Bierhersteller in Landsberg. Die nach dem Kriege herrschenden Marktverhältnisse in Landsberg veranlassten diese beiden Brauereien, mit der Großbrauerei Schultheis-Patzenhofer in Berlin, welche in der Stadt mit ihrer Niederlage eine starke Konkurrenz darstellte, einen Vertrag für eine Interessengemeinschaft zu schließen, die man Braubund Landsberg nannte. Willy Groß verkaufte die Braukontingente der stillliegenden Betriebe an diese Großbrauerei, auch vermietete er die am Schießgraben gelegenen Kellereianlagen an Schultheis. Aus diesem Braubund trat Kohlstock 1923 aus, während Fa. Groß ihm treu blieb. Die Herstellung von Spirituosen aller Art, von alkoholfreien Getränken und die in großem Umfange betriebene Presserei von Säften aus Garten- und Wildfrüchten sowie die Abfüllung auserlesenster Weine des In- und Auslandes auf Flaschen blieben die wichtigsten Fabrikationen und Handelswaren. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass fast alle Mitglieder der Familie Groß der Stadt Landsberg ehrenamtlich ihre Dienste in hohem Maße zur Verfügung gestellt haben. Sie waren führend im Stadtparlament, im kulturellen Bereich und in der Wohlfahrtspflege tätig.
Ernst Handke sen. †